Theo Mackeben Lebenslauf

Diese Biographie verdanken wir Theo Mackebens Frau Loni Heuser. Sie schöpft darin aus ihren Erinnerungen an die Jahre des gemeinsamen Lebens und Wirkens. Ausführlichere Lebensdaten sind mir nicht bekannt oder nicht zugänglich. Theo Mackebens Lieder und Filmpartituren waren schon bei seinen Zeitgenossen bekannt bis zum Gassenhauerstatus, aber ein Biograph, wie heute bei bedeutenden Persönlichkeiten üblich, fand sich nicht.

Die Mehrzahl seiner Werke ist zugänglich, und bei einem Komponisten sind ja seine Werke  die bedeutendste und unverlierbare Biographie.

Den geschlossenen Text von Loni Heuser möchte ich nicht zerstückeln, deshalb ist ein zweiter Lebenslauf mit künstlerischen Zeugnissen vorgesehen, die kaum bekannt sind, u.a. Aussagen zur Musik allgemein, zur „Sphinx“ der Filmmusik und weiter bis zu seinen Schallplattenbesprechungen.

Theo Mackeben am Piano und Loni Heuser singt
Theo Mackeben und Loni Heuser

„Als ich Theo Mackeben 1942 kennenlernte, war er auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn. Ein Herr, ein Kavalier, ein aus dem Vollen lebender Mann mit unbeschreiblich viel Sinn für Humor und vor allem für schöne Frauen. Er war eigentlich ein Barockmensch mit einer heiteren Lebensbasis. Körperlich kraftvoll. Ein Januskopf. Und beinahe Beethoven-Hände. Er spielte vollendet und leidenschaftlich gern Klavier. Vor allem Strawinsky, Tschaikowski, Chopin und Kompositionen seines Lehrers und Freundes Jules de Wertheim… Er war arglos und klar und ein Mann mit einer weißen Weste.“

Loni Heuser

Biographie

Als jüngster von drei Söhnen des Garnison-Verwaltungs-Kontrolleurs Johann Mackeben und seiner Ehefrau, der Amtmannstochter Ottilie geb. Conrads, wurde Theo Mackeben am 5. Januar 1897 in Preußisch Stargard (Pommern) geboren. Der Vater starb im Jahre 1911. Die Mutter mußte ihre drei Söhne allein durchbringen. Hans, der Älteste, wurde später Fabrikdirektor. Willi Mackeben war Diplomat und u. a. deutscher Gesandter in Peru. Sie starben beide wenige Jahre nach ihrem jüngsten Bruder Theo. Dieser erhielt aufgrund seiner starken Begabung bereits als Fünfjähriger Musikunterricht. Mit zwölf Jahren beherrschte er Violine und Klavier vollkommen. Bereits als Dreizehnjähriger gab er in Koblenz,

wohin der Vater inzwischen versetzt worden war, sein erstes öffentliches Klavierkonzert. Am Koblenzer Görres-Gymnasium bestand Theo Mackeben das Abiturienten-Examen.

An den Konservatorien Köln und Warschau studierte er Musik (1916-20). Seine bedeutendsten Lehrer waren der polnische Komponist und Moszkowski-Schüler Jules de Wertheim und der ungarische Klaviervirtuose und Liszt-Schüler Joseph Weiss. Bald machte sich der junge Mackeben als Konzertpianist einen Namen. Als Begleiter des Violinvirtuosen Leopold Przemislav, Konzertmeister der Berliner Staatsoper, unternahm er eine Konzerttournee durch die ganze Welt.

Im Jahre 1922 gab Mackeben seine Konzerttätigkeit auf und ließ sich in Berlin nieder. In seiner „Bohêmezeit“ spielte er bei Rosa Valetti im „Café Größenwahn“ Klavier. Später wurde er Bühnenkapellmeister an der Volksbühne und heiratete Toni Neft, die Tochter des Volksbühnendirektors. Aus dieser Ehe ging ein Sohn, Manfred Mackeben, hervor.

1932 verpflichtete ihn das Staatliche Schauspielhaus  als Ersten Kapellmeister. Aber auch an anderen Berliner Bühnen hatte Mackeben als Dirigent und musikalischer Bearbeiter große Erfolge. Er leitete u. a.:

„Die Dreigroschenoper“ von Brecht und Weill, Uraufführung im Theater am Schiffbauerdamm, Berlin, im September 1928.
„Pariser Leben“ von Jacques Offenbach, Renaissance-Theater, Berlin, Regie: Gustav Hartung, Dezember 1929.
,,Die Regimentstochter“ von Donizetti, Theater am Schiffbauerdamm, Berlin, im November 1930.
,,Journalisten“ von Gustav Freytag, Deutsches Theater in Berlin (dessen Leiter Max Reinhardt war),

im Mai 1932 und

,,Harmonie“ von Franz Molnar im Deutschen Theater in Berlin, sowie im Akademie-Theater, Wien, 1932.
Zu „Journalisten“ und „Harmonie“ komponierte Theo Mackeben die Musik selbst. Er schrieb auch die Bühnenmusik zu Molnars „Liliom“ mit dem populär gewordenen Lied „Komm auf die Schaukel, Luise“.
Einen mehr „literarischen“ Erfolg errang er als Komponist der Operette „Lady Fanny“. Es war ein anspruchsvolles, kaum für die ,große Masse‘ geeignetes Werk, das Jürgen Fehling im Februar 1934 mit Käthe Dorsch und Aribert Wäscher im Berliner Künstler-Theater inszenierte.

Mackebens volkstümlichstes Werk aber wurde „Die Dubarry“, die am 17. August 1931 im Admiralspalast ihre Uraufführung erlebte. Karl Millöckers verstaubter und schwächster Operette war in Mackebens Bearbeitung eine Wiedergeburt beschieden, wie sie ein altes Bühnenwerk selten erlebt. Das beliebteste Lied daraus – ,,Ich schenk mein Herz nur dir allein“ – mit dem Gitta Alpar berühmt wurde, ist eine Originalkomposition Mackebens. Es wurde in mehrere Sprachen übersetzt.

In der folgenden Zeit ließ ihm seine regelmäßige und angestrengte Arbeit für den Film nur wenig Freiheit für musikdramatisches Schaffen. Rosita Serrano kreierte 1938 das musikalische Lustspiel „Anita und der Teufel“. Während des Krieges, am 23. September 1943, – Mackeben hatte den Feldzug gegen Polen als Kraftfahrer mitgemacht und war dann durch die UFA u. k. gestellt worden – hatte seine Operette „Der goldene Käfig“ im ,Admiralspalast‘, Berlin, ihre Uraufführung.

Mackebens größter Wunsch jedoch, seine Anerkennung als Opernkomponist, sollte nicht in Erfüllung gehen. Zwar hatte Generalintendant Tietjen Mackebens Oper „Rubens“ – nach einem Text von Otto Ernst Hesse – für die Berliner Staatsoper noch während des Krieges aufgenommen, doch scheiterte die Aufführung an der Zerstörung des Hauses; Ks. Max Lorenz sollte die Titelpartie singen. Mackebens Oper „Manuela“ (Text: Otto Ernst Hesse nach einem Stoff von Ludwig Fulda) ist während des Krieges verbrannt.

Der großen Öffentlichkeit wurde Mackeben vor allem als Schöpfer weltberühmter Schlager und Chansons bekannt. Die meisten seiner Lieder entstammen Filmen, vor allem Zarah-Leander-Filmen, wurden jedoch stets bekannter als die Filme selbst (siehe Seiten 6-15). Mackebens wichtigster Mitarbeiter war der Textdichter Hans Fritz Beckmann, der zwischen 1929 und 1939 fast ausschließlich für ihn arbeitete.

Auch lnstrumentalkompositionen von Mackeben wurden so bekannt, daß sie selbständig „Karriere“ machten, wie vor allem der berühmte Walzer „Münchner G’schichten“ aus dem Film „Bel Paré“ beweist.

Mackebens seriöses Schaffen stand stets im Schatten der Erfolge des gefragten Unterhaltungsmusikers. Nach Kriegsende hoffte er, endlich auch als „ernster“ Komponist zu Wort zu kommen. In Bad Ischl, wo er die ersten schweren Monate nach dem Zusammenbruch überstand, schrieb er ein Klavierkonzert in b-Moll, das auch in Bad lschl im Franz-Lehár-Theater unter Anwesenheit Franz Lehárs mit einem Kammerorchester aus der Taufe gehoben wurde. Eine Woche später, am 18.10.1945, wurde dieses Klavierkonzert mit Margot Pinter als Solistin und Theo Mackeben als Dirigenten in Salzburg vom Mozarteum-Orchester uraufgeführt.

ln Ischl entstand auch eine „Sinfonische Ballade“, das Konzert für Cello und Orchester. Es wurde am 27. Oktober 1946 in der Berliner Staatsoper im Admiralspalast von der Staatskapelle unter Mackebens Stabführung uraufgeführt. Solist war Tibor de Machula. Auch das Oratorium „Hiob“, bereits 1928 geschrieben, und im Rundfunk aufgeführt, gehört zu Mackebens anspruchsvollen Werken.

Auch Mackebens Bühnenschaffen hatte sich nach Kriegsende gewandelt. Hauptgestalten seiner Operette „Die Versuchung der Antonia“, die im September 1950 in Bonn uraufgeführt wurde, waren Menschen und Probleme unserer Zeit.

Großen Erfolg hatte seine Musik zu Nachdichtungen von Balladen von Francois Villon, die unter dem Titel „Die Geduld der Armen“ während der Berliner Festwochen im Herbst 1951 im Theater am Kurfürstendamm uraufgeführt wurden. Mackebens zweite Frau, die Kabarettistin Loni Heuser, hatte in diesem Stück ihre erste ernste Hauptrolle und wurde vor allem mit dem Chanson „Die Ballade von den berühmten Frauen“ sehr gefeiert.

Nach Kriegsende war Mackeben zwei Jahre lang musikalischer Leiter und Kapellmeister des Metropoltheaters in Berlin (1946/47). Im September 1952 erlitt er in Bad Wörishofen einen Schlaganfall. Am 10. Januar 1953, am Abend der Münchner „ Dubarry“-Premiere, erlag er in Berlin einem Herzschlag. Unvollendet blieb seine Operette „Bel Ami“. Eine Neufassung der Operette „Der goldene Käfig“, für das Opernhaus Nürnberg bestimmt, konnte noch beendet werden. Mackebens letzte Komposition war das Lied „Wie schön, an Dich zu denken“.

Mackeben war ein Universalmusiker, der sein Handwerk vollendet beherrschte. Er komponierte niemals am Klavier, sondern schrieb seine Partituren am geschlossenen Flügel stehend. Er arbeitete bis zu 22 Stunden pausenlos. Arrangeure lehnte er ab, Er war nicht nur musikalisch interessiert, sondern vielseitig gebildet und sehr belesen.

Mackeben war Vorstandsmitglied des Deutschen Bühnenklubs und des Filmklubs, Mitglied des Schutzverbandes deutscher Autoren, des Beirates der GEMA und Mitarbeiter im Deutschen Komponistenrat.